Ein Opportunist – ein Begriff, der oft mit negativen Konnotationen verbunden ist. Doch was bedeutet es eigentlich, opportunistisch zu sein, und wie können wir diejenigen erkennen, die sich dieser Taktik bedienen? In diesem Blog-Artikel werden wir uns auf die Suche nach den Anzeichen eines Opportunisten begeben und Strategien entwickeln, um ihre Motive zu durchschauen.
Bevor wir uns in die Details vertiefen, ist es wichtig zu verstehen, was Opportunismus bedeutet. Ein Opportunist ist jemand, der Situationen oder Beziehungen ausnutzt, um persönlichen Nutzen zu erlangen, oft ohne Rücksicht auf Ethik oder langfristige Konsequenzen. Diese Personen neigen dazu, ihre Überzeugungen und Prinzipien je nach den vorherrschenden Umständen zu ändern.
Was ist Opportunismus?
Opportunismus beschreibt eine Handlungsweise, bei der eigene Vorteile über Prinzipien, Loyalität oder moralische Grundsätze gestellt werden. Opportunisten orientieren sich nicht an Werten, sondern an Nutzen. Was heute gilt, kann morgen verworfen werden – je nachdem, was gerade passt.
Der Begriff stammt vom lateinischen opportunus („günstig gelegen“) und wurde ursprünglich neutral verwendet. In der Psychologie und Soziologie jedoch ist er klar negativ konnotiert: Opportunisten sind soziale Strategen, die andere gezielt instrumentalisieren.
Die Psychologie des Opportunisten
Opportunistisches Verhalten kann in verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen wurzeln. Besonders häufig wird es in Verbindung gebracht mit:
1. Machiavellismus
Ein Bestandteil der sog. Dunklen Triade der Persönlichkeit (zusammen mit Narzissmus und Psychopathie). Menschen mit hohen Werten in Machiavellismus manipulieren gezielt andere, um Macht und Vorteile zu gewinnen.
Quelle: Christie, R., & Geis, F. L. (1970). Studies in Machiavellianism.
2. Geringe Empathie
Opportunisten zeigen oft eine ausgeprägte emotionale Distanz. Sie erkennen die Emotionen anderer zwar, nutzen sie aber strategisch.
Quelle: Paulhus, D. L., & Williams, K. M. (2002). The Dark Triad of personality: Narcissism, Machiavellianism, and psychopathy.
3. Situative Moral
Anstatt stabiler Werte richten sich Opportunisten nach der momentanen "Kosten-Nutzen-Rechnung". Moral wird zur Flexibilitätsmasse.
Quelle: Bandura, A. (1991). Moral disengagement in the perpetration of inhumanities.
So erkennst du Opportunisten
Manchmal kommen sie als Kollegen, manchmal als Freunde oder sogar als Partner:innen. Typische Warnsignale:
1. Übertriebenes Charisma zu Beginn
Sie wollen dich "gewinnen" – schnell, intensiv, oft zu schön, um wahr zu sein.
2. Widersprüchliches Verhalten
Was sie heute sagen, kann morgen völlig anders sein. Konsequenz? Fehlanzeige.
3. Beziehung auf Augenhöhe? Kaum.
Sie melden sich, wenn sie etwas brauchen – und verschwinden, wenn du etwas brauchst.
4. Gespräche drehen sich oft um ihren Vorteil
Auch wenn es um "dich" geht, landet der Fokus erstaunlich schnell wieder bei ihnen.
5. Kein echtes Interesse an deiner Perspektive
Empathie ist simuliert, nicht authentisch.
Jetzt wird’s konkret: Hier kommen fünf echte, typische Situationen, in denen sich opportunistisches Verhalten zeigt – mit passenden Tipps, wie du dich schützen kannst.
Beispiel 1: Der Karriere-Kletterer im Kollegenkreis
Situation:
Du hilfst deinem Kollegen regelmäßig mit Fachwissen oder übernimmst spontan Aufgaben für ihn. Kaum bekommt er die Chance auf eine Beförderung, verkauft er eure gemeinsamen Erfolge als seine eigenen – und erwähnt dich mit keinem Wort.
Analyse:
Klassischer Fall von soziale Trittbrettfahrerei (vgl. Kerr & Bruun, 1983). Der Opportunist nutzt Beziehungen strategisch, solange sie nützlich sind.
Schutzmaßnahme:
→ Dokumentiere Beiträge, fordere Fairness ein und kläre früh Rollen. Opportunisten reagieren oft empfindlich, wenn sie entlarvt werden – das ist dein Test.
Beispiel 2: Der „Freund“, der sich nur meldet, wenn er etwas braucht
Situation:
Lange kein Lebenszeichen – bis plötzlich eine Nachricht kommt: „Hey, könntest du mir da mal kurz helfen?“ Nach der Hilfe: wieder Funkstille.
Analyse:
Hier geht’s nicht um Freundschaft, sondern um Zweckverbindung. Typisch opportunistisches Kontaktverhalten – maximales Ergebnis mit minimaler Investition.
Schutzmaßnahme:
→ Stell dir die Frage: Würde die Person sich auch ohne Bedarf melden? Wenn nicht: Kontakt bewusst distanzieren und Energie schützen.
Beispiel 3: Der Partner, der sich nur bei Vorteilen zeigt
Situation:
In der Beziehung ist dein Partner präsent, solange es schön und bequem ist. Bei Schwierigkeiten (Krankheit, Streit, Rückschläge) zieht er sich emotional oder ganz zurück.
Analyse:
Emotionaler Opportunismus: Zuwendung und Nähe nur dann, wenn es nicht „anstrengend“ wird. Beziehung als Komfortzone, nicht als Partnerschaft.
Schutzmaßnahme:
→ Achte auf Verbindlichkeit in schwierigen Momenten. Liebe ist kein Geschäftsmodell. Dauerhaftes Ungleichgewicht ist ein Warnsignal.
Beispiel 4: Der Geschäftspartner, der nur seinen Vorteil sieht
Situation:
Ihr plant ein gemeinsames Projekt. Plötzlich ändert dein Gegenüber die Regeln zu seinen Gunsten – ohne Absprache. Verträge werden „flexibel“ interpretiert.
Analyse:
Typisch opportunistische Strategie: Schwammige Regeln ausnutzen und auf Kulanz hoffen. Besonders in Startup-Umfeldern oder lockeren Kooperationen verbreitet.
Schutzmaßnahme:
→ Verträge klar aufsetzen, alles schriftlich festhalten. Klare Rollen und Eskalationsstufen definieren. Vertrauen ist gut, Vertragsrecht ist besser.
Beispiel 5: Der Empathie-Imitator im Ehrenamt
Situation:
Eine Person engagiert sich auffällig stark im Verein oder Team – solange Kameras, Danksagungen oder Karrierechancen winken. Sobald’s wirklich um Arbeit oder Probleme geht: Rückzug.
Analyse:
Hier wird „soziales Engagement“ als Image-Boost verwendet. Empathie ist nicht echt, sondern funktional – ein Instrument.
Schutzmaßnahme:
→ Beobachte über Zeit: Ist das Engagement konsistent – auch wenn’s unangenehm wird? Wenn nicht, trenne echte Unterstützer von Image-Akteuren.
Schutzmechanismen: Wie du dich souverän abgrenzt
1. Grenzen setzen – klar und konsequent
Opportunisten testen, wie weit sie gehen können. Sag früh und deutlich: bis hierher – und nicht weiter.
2. Vertrau auf Muster, nicht auf Worte
Worte sind billig. Beobachte, ob Taten zu Aussagen passen – und handle entsprechend.
3. Emotionale Distanz wahren
Je weniger du emotional investierst, desto weniger Angriffsfläche bietest du.
4. Dokumentation im beruflichen Kontext
In Firmenumgebungen ist Opportunismus besonders gefährlich. Schriftliche Absprachen und klare Verantwortlichkeiten helfen, Missbrauch zu vermeiden.
5. Selbstreflexion: Warum ziehst du Opportunisten an?
Manchmal spielen auch eigene Muster (z. B. Helfersyndrom oder fehlende Abgrenzung) eine Rolle. Coaching oder Therapie kann helfen, das zu erkennen.
Bonus: Die feine Linie – Opportunismus vs. gesunder Eigennutz
Nicht jeder, der auf Vorteile achtet, ist gleich ein Opportunist. Gesunder Eigennutz ist normal und wichtig. Der Unterschied liegt im Respekt gegenüber anderen. Opportunisten sehen Menschen als Mittel zum Zweck – empathische Strategen hingegen achten auf Win-Win-Situationen.
Wachsamkeit ohne Zynismus
Opportunisten sind Teil jeder Gesellschaft. Sie bringen uns bei, wie wichtig gesunde Grenzen, Selbstachtung und emotionale Intelligenz sind. Wer sich vor ihnen schützt, schützt letztlich auch die Qualität seiner Beziehungen – beruflich wie privat.
Behalte dein Herz offen – aber nicht ungeschützt.
Weiterführende Literatur & Quellen:
-
Christie, R., & Geis, F. L. (1970). Studies in Machiavellianism.
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Paulhus, D. L., & Williams, K. M. (2002). The Dark Triad of personality.
-
Bandura, A. (1991). Moral disengagement in the perpetration of inhumanities.
-
Rauthmann, J. F. (2012). Towards multifaceted Machiavellianism: Content, construct, and correlates.
-
O’Boyle, E. H., Forsyth, D. R., Banks, G. C., & McDaniel, M. A. (2012). A meta-analysis of the Dark Triad and work behavior.
Weiterführende Blog-Artikel zu diesem Kontext auf unser Webseite:

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