Kampf um die Krone: Wie Narzissten in Gruppen rivalisieren und sich gegenseitig sabotieren

Veröffentlicht am 14. August 2024 um 17:47

Narzissmus ist ein weit erforschtes Thema in der Psychologie. Eine narzisstische Persönlichkeit zeichnet sich durch ein übertriebenes Selbstwertgefühl, einen Mangel an Empathie und das Bedürfnis nach Bewunderung aus (American Psychiatric Association, 2013). Doch was passiert, wenn mehrere Narzissten aufeinander treffen und in einer Gruppe agieren? Dieser Artikel untersucht anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse und konkreter Beispiele die Dynamik zwischen Narzissten in Gruppen.

1. Das Verhalten von Narzissten in Gruppen: Ein Bedürfnis nach Kontrolle

Ein typisches Verhalten von Narzissten in Gruppen ist das Streben nach Kontrolle und Macht. Sie wollen im Mittelpunkt stehen und benötigen stetig Anerkennung. In einer Gruppe von Narzissten bedeutet dies, dass mehrere Mitglieder versuchen, die dominante Position einzunehmen. Oftmals kommt es daher zu Konkurrenz und Rivalität. Ein typisches Beispiel für dieses Verhalten ist in Vorstandsetagen zu beobachten.

Beispiel 1: Der Machtkampf im Unternehmen
Stellen wir uns ein Unternehmen vor, in dem mehrere narzisstische Führungskräfte tätig sind. Jeder von ihnen ist überzeugt, der talentierteste und fähigste Manager zu sein. Dies führt zu einem regelrechten Machtkampf. Jeder versucht, die anderen durch Selbstverherrlichung und Machtdemonstrationen zu übertrumpfen. Wenn einer der Manager eine erfolgreiche Präsentation hält, wird ein anderer sofort versuchen, diese zu kritisieren oder seine eigenen Erfolge in den Vordergrund zu stellen. Diese ständige Konkurrenz schafft ein angespanntes und feindseliges Arbeitsklima.

In solchen Umgebungen zeigen sich oft destruktive Verhaltensweisen, wie zum Beispiel das Verbreiten von Gerüchten oder die Abwertung anderer, um sich selbst in ein besseres Licht zu rücken (Campbell & Foster, 2002). Dies führt häufig dazu, dass die Gruppe nicht effektiv zusammenarbeiten kann, weil der Fokus nicht auf dem gemeinsamen Ziel, sondern auf dem eigenen Vorteil liegt.

2. Die narzisstische Rivalität: Konkurrenz um Bewunderung

Narzissten neigen dazu, andere als Rivalen zu sehen, besonders dann, wenn sie sich in Gruppen mit anderen Narzissten befinden. Jede Anerkennung, die einem anderen Narzissten zuteil wird, wird als Bedrohung wahrgenommen, weil sie die eigene Position schwächen könnte. Dies verstärkt den Wettkampfcharakter der Beziehungen untereinander.

Beispiel 2: Narzissten in einer kreativen Agentur
In einer Werbeagentur arbeiten mehrere Designer, die allesamt narzisstische Züge aufweisen. Jeder von ihnen ist davon überzeugt, dass nur seine Entwürfe die besten sind und die höchste Anerkennung verdienen. Wenn einer der Designer von einem wichtigen Kunden gelobt wird, fühlen sich die anderen bedroht. Sie reagieren daraufhin mit offenen oder subtilen Angriffen, kritisieren den Entwurf oder machen Andeutungen, dass die Arbeit manipuliert oder gestohlen wurde.

Diese Art der Rivalität zeigt sich oft in narzisstischen Gruppen: Anerkennung und Lob werden als Nullsummenspiel betrachtet, bei dem die Bewunderung des einen zwangsläufig die Abwertung des anderen bedeutet (Back et al., 2013). Der Wettbewerb führt oft zu einer Vergiftung der Arbeitsatmosphäre und beeinträchtigt die Gruppenleistung, da der Fokus eher auf der Rivalität liegt als auf der kreativen Zusammenarbeit.

3. Manipulation und Sabotage: Die „dämonische“ Dynamik

In Gruppen von Narzissten kann es zu besonders destruktiven Verhaltensweisen kommen, wenn es um die Erhaltung der eigenen Machtposition geht. Diese Verhaltensmuster – oftmals als „demonische Dynamik“ bezeichnet – bestehen darin, dass Narzissten gezielt andere Mitglieder manipulieren, sabotieren oder gegeneinander ausspielen, um selbst an der Spitze zu bleiben.

Beispiel 3: Der narzisstische Chef in einem Startup
Ein narzisstischer Geschäftsführer eines Startups sieht einen seiner jungen, talentierten Mitarbeiter als potenziellen Rivalen. Der Geschäftsführer beginnt, subtile Manipulationen zu verwenden, um den aufstrebenden Mitarbeiter in der Gruppe zu isolieren. Er verbreitet Gerüchte über angebliche Unzuverlässigkeit des Mitarbeiters, gibt ihm Projekte, die zum Scheitern verurteilt sind, und lobt öffentlich andere Teammitglieder, um dem Mitarbeiter die Anerkennung zu verwehren. Durch diese Manipulationen sorgt der Geschäftsführer dafür, dass seine eigene Machtposition innerhalb des Startups gefestigt wird, indem er potenzielle Bedrohungen ausschaltet.

Diese Art der Manipulation kann langfristige Schäden anrichten, da sie Vertrauen und Kooperation innerhalb der Gruppe untergräbt. Narzissten, die solche Taktiken verwenden, verstärken die negative Dynamik innerhalb der Gruppe und schaffen ein Umfeld der Feindseligkeit (Paulhus & Williams, 2002).

4. Narzissten und „Fake“-Allianzen: Zweckbündnisse mit Hintergedanken

Obwohl Narzissten typischerweise in Konkurrenz zueinander stehen, kommt es gelegentlich vor, dass sie vorübergehende Allianzen bilden, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Diese Zweckbündnisse sind jedoch selten von Dauer, da sie auf reinem Eigennutz basieren und sobald einer der Partner keinen Vorteil mehr sieht, zerfallen sie schnell.

Beispiel 4: Das politische Bündnis
In der Politik sehen wir oft Narzissten, die sich vorübergehend verbünden, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, etwa die Wahl eines Kandidaten oder die Verabschiedung eines Gesetzes. Diese Allianzen sind jedoch fragil. Sobald einer der Politiker den Eindruck hat, dass der andere zu viel Aufmerksamkeit oder Macht erlangt, kann es zu einem plötzlichen Bruch kommen. Dann beginnen sie, sich gegenseitig öffentlich zu kritisieren oder gar hinter den Kulissen zu intrigieren, um den anderen zu schwächen.

Solche „Fake“-Allianzen zwischen Narzissten verdeutlichen die inhärente Instabilität von Beziehungen, die nicht auf Vertrauen, sondern auf Nutzen basieren. Es ist ein ständiger Balanceakt, bei dem beide Seiten versuchen, die Oberhand zu gewinnen und den anderen zu übertrumpfen.

5. Der narzisstische Kollaps: Wenn das Selbstbild zerbricht

Eine der bemerkenswertesten Dynamiken zwischen Narzissten in Gruppen ist, wie leicht ihre scheinbar unerschütterliche Fassade zerbröckeln kann. Wenn ein Narzisst in einer Gruppe scheitert, die Anerkennung nicht erhält oder von einem anderen übertrumpft wird, kann dies zu einem emotionalen Zusammenbruch führen – der sogenannte „narzisstische Kollaps“.

Beispiel 5: Der einst bewunderte Star
Ein Narzisst, der jahrelang als „Star“ einer Gruppe galt, wird plötzlich durch einen neuen, aufstrebenden Kollegen überflügelt. Plötzlich beginnt der Narzisst, seine Kontrolle über die Gruppe zu verlieren. Dies führt zu einem narzisstischen Kollaps, bei dem er sich zunehmend zurückzieht, wütend reagiert oder depressive Tendenzen zeigt. Seine übertriebene Selbstsicherheit schlägt in Unsicherheit um, und er sucht verzweifelt nach Wegen, seinen früheren Status zurückzuerlangen – sei es durch drastische Handlungen oder Schuldzuweisungen an andere Gruppenmitglieder.

Dieser Zusammenbruch offenbart, wie brüchig das Selbstwertgefühl von Narzissten ist, da es hauptsächlich von externer Bestätigung abhängt (Morf & Rhodewalt, 2001).

Fazit

Die Dynamik zwischen Narzissten in Gruppen ist durch Konkurrenz, Misstrauen und Manipulation gekennzeichnet. Konkrete Beispiele aus dem beruflichen und politischen Leben zeigen, dass Narzissten häufig in destruktiven Machtkämpfen verwickelt sind, Allianzen nur von kurzer Dauer sind und es oft zu einem narzisstischen Kollaps kommt, wenn die angestrebte Bewunderung ausbleibt. Narzissten sind Meister der Manipulation, doch in Gruppen führt dies langfristig oft zu Instabilität und Spannungen.

Literaturverweise:

- American Psychiatric Association. (2013). *Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders* (5th ed.).
- Back, M. D., et al. (2013). Narcissistic Admiration and Rivalry: Disentangling the Bright and Dark Sides of Narcissism. *Journal of Personality and Social Psychology*, 105(6), 1013-1037.
- Campbell, W. K., & Foster, C. A. (2002). Narcissism and Commitment in Romantic Relationships: An Investment Model Analysis. *Personality and Social Psychology Bulletin*, 28(4), 484-495.
- Morf, C. C., & Rhodewalt, F. (2001). Unraveling the Paradoxes of Narcissism: A Dynamic Self-Regulatory Processing Model. *Psychological Inquiry*, 12(4), 177-196.
- Paulhus, D. L., & Williams, K. M. (2002). The Dark Triad of Personality: Narcissism, Machiavellianism, and Psychopathy. *Journal of Research in Personality*, 36(6), 556-563.

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