Können Kinder Narzissten sein? Eine wissenschaftliche Betrachtung mit Beispielen

Veröffentlicht am 20. September 2024 um 13:51

Der Begriff „Narzissmus“ wird oft in Zusammenhang mit Erwachsenen verwendet, die übersteigerte Selbstbewunderung und ein starkes Bedürfnis nach Bewunderung zeigen. Doch können auch Kinder narzisstische Eigenschaften aufweisen? Die Antwort darauf ist nicht so einfach. Der Narzissmus als Persönlichkeitsmerkmal entwickelt sich oft in der frühen Kindheit und kann sich im Laufe des Lebens festigen. Doch es gibt klare Unterschiede zwischen normaler kindlicher Entwicklung und pathologischem Narzissmus.

In diesem Blog-Artikel werfen wir einen Blick darauf, ob und wie sich narzisstische Züge bei Kindern äußern können, welche wissenschaftlichen Grundlagen es zu diesem Thema gibt und welche Beispiele aus dem Alltag zeigen, wie sich diese Eigenschaften manifestieren.

Was ist Narzissmus?

Narzissmus wird in der Psychologie als Persönlichkeitsstörung verstanden, die durch folgende Merkmale charakterisiert ist:

- Übertriebenes Selbstbewusstsein
- Ein tiefes Bedürfnis nach Bewunderung
- Mangel an Empathie
- Ein Gefühl der Überlegenheit gegenüber anderen

Laut dem *Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders* (DSM-5) muss Narzissmus als Störung bestimmte Kriterien erfüllen, die bei Kindern schwieriger festzustellen sind als bei Erwachsenen, da sie sich noch in der Entwicklung befinden. Narzisstische Züge können jedoch bereits im Kindesalter auftreten und sollten nicht ignoriert werden, wenn sie sich in einem ungesunden Maße zeigen.

Wissenschaftliche Erkenntnisse über Narzissmus bei Kindern

In einer Studie von Brummelman et al. (2015) wurde untersucht, wie narzisstische Züge bei Kindern entstehen. Die Forscher stellten fest, dass Kinder, die von ihren Eltern übermäßig gelobt oder als „besonders“ bezeichnet werden, eher dazu neigen, narzisstische Züge zu entwickeln. Diese übersteigerte Selbsteinschätzung kann dazu führen, dass das Kind glaubt, es sei anderen überlegen und habe Anspruch auf Sonderbehandlung. Die Studie unterstreicht die Rolle der Eltern in der Entwicklung von Narzissmus und zeigt, dass sowohl Überbewunderung als auch Vernachlässigung Faktoren sind, die diese Persönlichkeitsmerkmale begünstigen können.

Unterschiede zwischen normaler kindlicher Entwicklung und Narzissmus

Es ist wichtig zu verstehen, dass viele Kinder in verschiedenen Entwicklungsstadien Verhalten zeigen, das narzisstisch erscheinen könnte. Dies ist oft ein Teil der normalen kindlichen Entwicklung. Beispielsweise durchlaufen Kinder Phasen, in denen sie stark auf sich selbst bezogen sind, ihre eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund stellen und Schwierigkeiten haben, sich in andere hineinzuversetzen. Dies ist jedoch nicht gleichbedeutend mit pathologischem Narzissmus.

Die Unterscheidung liegt in der Dauer, Intensität und den Auswirkungen des Verhaltens. Kinder, die im Rahmen ihrer Entwicklung kurzfristig egozentrisch erscheinen, lernen in der Regel im Laufe der Zeit Empathie und Selbstreflexion. Kinder mit anhaltend narzisstischen Zügen zeigen jedoch ein konsistentes Muster von Selbstüberhöhung und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Gefühlen anderer.

Zehn Beispiele für narzisstische Verhaltensweisen bei Kindern

Hier sind zehn Beispiele aus dem Alltag, die auf narzisstische Züge bei Kindern hinweisen könnten:

1. Übermäßiges Bedürfnis nach Bewunderung
Ein Kind fordert ständig Lob und Bestätigung, selbst für triviale Aufgaben. Wenn die Bewunderung ausbleibt, reagiert es mit Wut oder Frustration.

2. Fehlende Empathie
Ein Kind zeigt keine Anzeichen von Mitgefühl, wenn ein Freund traurig oder verletzt ist, und minimiert die Gefühle anderer, um sich selbst in den Vordergrund zu stellen.

3. Überlegenheitsgefühl
Ein Kind betrachtet sich als besser als seine Altersgenossen und weigert sich, an Aktivitäten teilzunehmen, bei denen es nicht als das „Beste“ wahrgenommen wird.

4. Manipulatives Verhalten
Ein narzisstisches Kind setzt Manipulation ein, um das zu bekommen, was es will, und zeigt keine Reue, wenn es andere verletzt, solange es seine Ziele erreicht.

5. Unfähigkeit zur Kritikannahme
Ein Kind reagiert extrem sensibel auf Kritik, selbst wenn diese konstruktiv ist, und sieht Kritik oft als persönlichen Angriff an.

6. Arrogantes Verhalten
Ein Kind verhält sich arrogant und sieht andere Kinder oder Erwachsene als minderwertig an. Es kann sich weigern, mit Gleichaltrigen zu spielen, die es als „langweilig“ oder „unwichtig“ betrachtet.

7. Übermäßige Konzentration auf das eigene Aussehen
Ein narzisstisches Kind ist besessen von seinem äußeren Erscheinungsbild und erwartet, dass andere es ständig für sein Aussehen loben.

8. Anspruchsdenken
Das Kind erwartet Sonderbehandlung in der Schule, zu Hause oder im Freundeskreis und zeigt Ärger, wenn diese nicht gewährt wird.

9. Mangelnde Verantwortungsübernahme
Ein narzisstisches Kind weigert sich, Verantwortung für sein eigenes Fehlverhalten zu übernehmen, und schiebt die Schuld auf andere, um das eigene Selbstbild zu schützen.

10. Übermäßiges Konkurrenzdenken
Ein Kind zeigt ein stark übersteigertes Konkurrenzdenken und will in allen Bereichen immer der Beste sein. Es feiert nicht die Erfolge anderer und neidet ihnen ihre Erfolge.

Was können Eltern tun?

Für Eltern ist es wichtig, narzisstische Verhaltensweisen bei ihren Kindern frühzeitig zu erkennen und einzugreifen. Dabei geht es nicht darum, das Selbstbewusstsein des Kindes zu unterdrücken, sondern ihm zu helfen, eine gesunde Balance zwischen Selbstwert und Empathie zu finden. Hier sind einige Ansätze, die hilfreich sein können:

1. Realistische Erwartungen setzen
Statt Kinder übermäßig zu loben, sollten Eltern realistische Erwartungen setzen und ihr Kind für Anstrengung und Durchhaltevermögen loben, nicht nur für Ergebnisse.

2. Empathie lehren
Eltern sollten ihrem Kind beibringen, sich in andere hineinzuversetzen. Das gemeinsame Sprechen über die Gefühle anderer kann helfen, Mitgefühl zu entwickeln.

3. Grenzen setzen
Es ist wichtig, dass Eltern klare Grenzen setzen, wenn es um das Verhalten ihres Kindes geht. Kinder müssen lernen, dass ihr Verhalten Konsequenzen hat.

4. Kritik konstruktiv vermitteln
Kritik sollte auf positive Weise vermittelt werden. Kinder müssen lernen, dass Fehler zum Lernen gehören und Kritik nicht als persönlicher Angriff verstanden werden sollte.

Fazit

Kinder können narzisstische Züge entwickeln, besonders wenn sie in einem Umfeld aufwachsen, das entweder übermäßig bewundernd oder emotional vernachlässigend ist. Während narzisstische Verhaltensweisen bis zu einem gewissen Grad Teil der normalen kindlichen Entwicklung sein können, sollte bei anhaltendem oder übermäßigem narzisstischen Verhalten frühzeitig eingegriffen werden. Die Förderung von Empathie, realistischen Selbstwertgefühlen und gesunden sozialen Beziehungen ist dabei der Schlüssel, um eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen.

Quellen:

- Brummelman, E., Thomaes, S., & Sedikides, C. (2015). "The emergence of narcissism in childhood: A socio-developmental perspective". *Current Directions in Psychological Science*, 24(5), 1-7.
- American Psychiatric Association (2013). *Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders* (5th ed.). Washington, DC: APA.
- Barry, C. T., & Kauten, R. L. (2014). "Narcissism and Machiavellianism in youth: Implications for the development of adaptive and maladaptive behavior". *Developmental Psychology*, 50(1), 3-15.

Can Children be Narcissists? (personal experiences)

Der Begriff „Narzissmus“ wird oft in Zusammenhang mit Erwachsenen verwendet, die übersteigerte Selbstbewunderung und ein starkes Bedürfnis nach Bewunderung zeigen. Doch können auch Kinder narzisstische Eigenschaften aufweisen? Die Antwort darauf ist nicht
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